22/10/2024 0 Kommentare
Durch Trauerkunst den Weg des Abschieds gehen
Durch Trauerkunst den Weg des Abschieds gehen
# kk-ts-kompakt-aktuell
Durch Trauerkunst den Weg des Abschieds gehen
Pavel Radchenko ist sowohl Künstler als auch Philosoph. In seinem Workshop der Beratungsstelle für Trauernde am 27. April bringt er die Kunst und das Sterben zusammen bringen.
Pavel Radchenko, was motiviert Dich zur Trauerkunst?
Das ist eine lange Geschichte. Kurz gesagt, habe ich in der Philosophie zum Umgang mit dem Tod in unserer Gesellschaft promoviert. Nach der Uni bin ich selbständig geworden und seit vielen Jahren als Künstler tätig. Trauerkunst ist für mich eine Art Synthese aus Philosophie und Kunst, eine Herzensangelegenheit für mich.
Wie hat sich die Idee eines Trauerworkshops entwickelt?
Als ich das Konzept entwickelte, wusste ich, dass ich die Erfahrungen teilen will, weil ich von der tiefgehenden Wirkung der Trauerkunst überzeugt bin. Am Ende ist sie eine Form von Kunsttherapie für Trauernde, mit der Einschränkung, dass wir mit Gegenständen arbeiten, die geliebte Menschen hinterlassen haben.
Was passiert in Deinem Workshop genau?
Normalerweise lade ich die Teilnehmerin ein, bei der Auswahl der Gegenstände für die Erinnerungsobjekte völlig frei zu entscheiden. Manche haben eine riesige Sammlung von Videokassetten geerbt, andere Schränke voller Kleidung, eingerostete Werkzeugkästen mit Kleinkram oder eine Steinsammlung. Die trauernden Angehörigen fragen sich, kann ich die Dinge behalten, was werde ich loslassen, wovon will ich mich gerade nicht trennen?
Gerade hier hilft Trauerkunst. Man muss nicht alle Dinge aus Platzgründen gleich entsorgen. Manchmal tut es gut, daraus Erinnerungsstücke zu machen. Es geht nicht darum kreativ zu sein, was zählt ist der Prozess und die Berührung mit den Dingen, die einst die geliebte Person in den Händen gehalten hat. Das ist ein besonderer Weg der Trauerarbeit.
Wie werden diese Gegenstände verarbeitet?
Je nachdem, was die Trauernden aus den Gegenständen machen wollen, kommen sehr unterschiedliche Instrumente zum Einsatz: es kann ein Pinsel, eine Nadel oder Schere sein, Kleber, Farben, aber auch Dinge wie Hammer, Säge oder Bohrer. Natürlich wird dabei gesprochen, aber es wird auch viel mit den Händen gemacht.
Der Workshop will den Zugang zur Trauerkunst erleichtern und ist auf Papier- und Fotocollagen beschränkt. Viele Trauernde machen für sich gerne Fotoalben zur Erinnerung. Mein Workshop ist eine Fortführung, nur bleiben wir nicht bei Fotos stehen. Die Teilnehmer*innen bringen alles Mögliche aus Papier mit: Das können Diafilme, Briefe, Notizzettel, Postkarten, gesammelte Briefmarken, Bierdeckel oder Zeitungsartikel sein; aber auch Zeugnisse, alte Rechnungen, Steuererklärungen, Rentenbescheide, Geburtstagskarten, kurz Dokumente jeder Art, die der verstorbenen Person gehörten.
Auch wenn die Teilnehmenden zeitweise für sich im Stillen arbeiten, ist es eine schöne gruppentherapeutische Erfahrung. Neben mir ist noch Detlef Eberhard dabei, der als professioneller Trauerbegleiter der Beratungsstelle den Workshop unterstützt und für die Teilnehmenden da ist.
Was sagen Teilnehmer*innen, die dabei waren?
Nach dem Workshop sind viele erstmal erschöpft, weil verschiedenste Emotionen hochkommen. Zuhause suchen die Teilnehmenden dann für ihr Werk den richtigen Platz: Die Erinnerung hängt jetzt an der Wand oder steht im Regal und entfaltet ihre Wirkung. Erst wenn das passiert ist, erzählen die Teilnehmenden, was es mit ihnen macht und schauen mit Abstand auf die eigene Trauer.
Bis jetzt waren alle Teilnehmenden sehr dankbar, diesen Weg gegangen zu sein und haben viel für sich aus der Trauerkunst mitgenommen. Ich hoffe, der kommende Workshop wird genauso hilfreich.
Der Workshop findet mehrfach im Jahr statt. Bei Interesse melden Sie sich bitte per Mail unter trauerberatung@ts-evangelisch.de oder telefonisch unter 030. 755 15 16 22.
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