22/04/2025 0 Kommentare
Kriegsende in Berlin-Tempelhof: „Frieden ist schön!“
Kriegsende in Berlin-Tempelhof: „Frieden ist schön!“
# KK Kriegsende

Kriegsende in Berlin-Tempelhof: „Frieden ist schön!“
Die Berlinerinnen Karin Simke und Frau B.* erzählen darüber, wie sie das Kriegsende in Tempelhof erlebten.
KARIN SIMKE: Ich habe eine Ahnung davon, wie es ist, wenn Krieg herrscht, war aber am Ende des Krieges erst knapp drei Jahre alt. An die vielen Ruinen und völlig kaputten Häuser kann ich mich erinnern und an die Angst, meine an Tuberkulose erkrankte Mutter zu verlieren. Das hat mich sehr geprägt, und diese Angst hatte ich auch bis zum Tod meiner Mutter, die erst vor einigen Jahren starb.
FRAU B.: Wir wohnten direkt gegenüber von Karstadt, also am Tempelhofer Damm. Meine Eltern hatten eine Fleischerei. Die russischen Panzer kamen von Süden und zogen an unseren Ladenfenstern Richtung Flughafen Tempelhof vorbei. Uns ist nichts passiert, wir haben nicht gelitten. Ich war damals 13 Jahre alt und für mich ging das Leben weiter. Als Frieden war, begann das Leben Spaß zu machen.
KARIN SIMKE: Uns ging es schlecht. Wir waren ausgebombt, lebten während des Krieges kurzzeitig in einem Lager in Eger im Sudetenland. Später kam ich zu den Großeltern, die von Berlin nach Zerbst umgesiedelt wurden waren. Eine Stulle mit Zwiebeln – das war schon viel. Zum Kriegsende lebten wir als Familie in einem Zimmer am Schulenburgring. Dieses Viertel war völlig unbeschädigt geblieben.
Warum gab es diesen Krieg?
KARIN SIMKE: Erst später kam die Frage auf: Warum gab es diesen Krieg? Ich habe diese Frage nicht hören können oder wollen. Auch in meiner Familie wurde nicht über Politik gesprochen. Erst vor zwanzig Jahren begann ich, mich für Politik zu interessieren.
FRAU B.: Ich habe damals tote Menschen auf der Straße gesehen. Angst existierte bei mir nicht, aber die Zustände waren schon irre. Jeder war froh, dass nun ein fast normales Leben möglich wurde. Frieden ist so schön! Wer nachdachte, wusste es: Die Deutschen waren schuld an diesem Krieg.
Nach dem Krieg
FRAU B.: „Nie wieder Krieg!“ Das haben alle gesagt, die den Krieg miterlebt haben. Und jetzt? Der Krieg ist wieder ganz nah. Wir wissen, wie es ist, ausgebombt zu sein und wie es den Menschen in der Ukraine geht.
KARIN SIMKE: Ja, das wissen wir. Wir haben später in der Schule „Das Tagebuch der Anne Frank“ gelesen. Ich fand alles, was sie erlebte, entsetzlich und es geht mir bis heute unter die Haut. Denn es ist wirklich so gewesen. Ich hab das in der Schule verstanden und es ist wichtig, dass wir es wissen. So etwas darf nie wieder kommen.
FRAU B.: Der Antisemitismus geht ja bis heute nicht aus den Köpfen raus. Es ist sehr schrecklich.
* Der vollständige Name der Interviewten ist der Redaktion bekannt. Wir haben dem Wunsch entsprochen, die Kriegserinnerungen nicht unter dem vollständigen Namen zu veröffentlichen.
Karin Simke ist 82 Jahre alt und Frau B.* 93jährig. Sie besuchen regelmäßig eine diakonische Einrichtung in Tempelhof-Schöneberg und haben dort über ihre Kriegserlebnisse gesprochen.
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